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Die richtige Entscheidung für das Kind

Sandra Feller* ist noch zur Schule gegangen, als sie von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Nach einer ausgiebigen Beratung hielt sie die Adoption für die beste Lösung – für sich und für das Kind. Auch wenn ihr die Entscheidung nicht leichtgefallen ist, hat sie sie nie bereut.

Wie kam es dazu, dass Sie sich dazu entschieden haben, Ihr Kind zur Adoption freizugeben?

Als ich erfahren habe, dass ich ein Kind erwarte, war ich bereits im vierten Monat. Ich wollte eigentlich nur wegen meiner Übelkeit zum Arzt und habe auf einmal die Nachricht erhalten, dass ich schwanger bin. Das war ein Schock für mich. Ein Kind passte damals nicht zu meiner Lebenssituation. Ich war 17 Jahre alt und bin noch zur Schule gegangen. Zunächst habe ich aus Angst nicht mit meinen Eltern darüber gesprochen. Doch meine Mutter ahnte schnell, dass etwas nicht stimmt. Ich habe ihr von der Schwangerschaft erzählt und auch sie war schockiert, hat mich jedoch von da an bei allem sehr unterstützt. Für meinen Vater und meinen Bruder war das alles ein Tabuthema. Sie sind sehr streng und hätten wahrscheinlich nicht mehr mit mir gesprochen, wenn ich das Kind behalten hätte. Das hat mich sehr unter Druck gesetzt. Meine Mutter und ich haben uns dann zum Thema Adoption beraten lassen. In der Beratungsstelle konnte ich all meine Fragen in einem geschützten Rahmen loswerden. Letztendlich habe ich die Adoption für die beste Lösung gehalten.

Haben Sie heute Kontakt zu den Adoptiveltern und Ihrem Kind?

Ja, wir sehen uns etwa zwei bis drei Mal im Jahr. Der Kontakt bestand von Anfang an und ist bis heute sehr gut. Die Treffen finden in der Vermittlungsstelle statt und sind immer schön. Ich habe Zeit, mit dem Kind zu spielen und mich mit den Eltern auszutauschen. Ich bin froh, zu sehen, wie glücklich alle sind. Die Adoptiveltern sind nette und liebevolle Menschen. Ich weiß, dass das Kind bei ihnen gut aufgehoben ist. Die Adoption spielte von Anfang an eine Rolle im Alltag der Familie. Die Mutter spricht dem Kind gegenüber von mir als Bauchmama. Ich finde es richtig, so offen mit dem Thema umzugehen.

Denken Sie oft über Ihre Entscheidung nach?

Die Entscheidung war keinesfalls einfach! In den Anfängen nach der Geburt habe ich sehr viel darüber nachgedacht. Doch ich habe die Entscheidung wirklich nie bereut. Ich weiß, dass es das Richtige war. Nicht wegen meinem Vater oder meinem Bruder, sondern für mich und das Kind. Ich fühlte mich nicht in der Lage, ein Kind zu versorgen und ihm die nötige Fürsorge zu geben. Die Adoptivfamilie kann dem Kind genau das bieten.

Was hätten Sie sich in Ihrer Situation damals gewünscht?

Ich hätte mir mehr Verständnis gewünscht – von meiner Familie, aber auch von der Gesellschaft insgesamt. Es ist schade, dass viele Menschen eine negative Einstellung zu Adoptionen haben. Trotzdem kann ich jedem raten, mit engen, vertrauten Personen zu sprechen, wenn sie durch eine Schwangerschaft in eine Notlage geraten. Man muss einfach mal alles rauslassen. Das ist erleichternd. Ich habe zunächst versucht, die Schwangerschaft zu verheimlichen, aber davor kann eben keine Frau davonrennen.

Das Interview wurde im Auftrag des Bundesfamilienministeriums im Sommer 2019 geführt.