Für Menschen, die als Kinder oder Jugendliche sexualisierte Gewalt erlebt haben, bietet das Ergänzende Hilfesystem (EHS) Hilfen zur Abmilderung von bis heute bestehenden Folgebeeinträchtigungen an.
Hier finden Sie Informationen zum EHS, den möglichen Leistungen und zur Zukunft des Systems.
Was ist das EHS?
Das EHS besteht aus mehreren Teilen, die sich danach unterscheiden, wo beziehungsweise in welchem Bereich die sexualisierte Gewalt stattfand.
Ein Teil ist das EHS im Familiären Bereich. Es hilft Betroffenen, die sexualisierte Gewalt in der Familie beziehungsweise im familiären Umfeld erlitten haben und existiert seit Mai 2013.
Ein weiterer Teil ist der institutionelle Bereich, bei dem es um Hilfen für Betroffene von sexualisierter Gewalt in staatlichen oder nichtstaatlichen Einrichtungen geht.
Die nichtstaatlichen Einrichtungen können ganz verschiedenen Trägern beziehungsweise Institutionen angehören. Wenn mit dem Träger beziehungsweise der zuständigen (Dach-)Organisation eine Vereinbarung zur Beteiligung am EHS besteht, können Betroffene grundsätzlich Leistungen erhalten. Welche Institutionen sich am EHS beteiligen, erfahren Sie hier.
Welche Leistungen gibt es beim EHS?
Das EHS gewährt Sachleistungen, die dazu geeignet sind, bestehende Folgen der sexualisierten Gewalt in Kindheit oder Jugend abzumildern. Dazu gehören zum Beispiel Therapien und medizinische Dienstleistungen, aber auch Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, um Brüche in der Bildungs- und/oder Erwerbsbiografie auszugleichen. Es können auch Kosten der individuellen Aufarbeitung des Missbrauchs, Beratungs- und Betreuungskosten sowie sonstige Hilfen übernommen werden.
Die Leistungen werden nur dann gewährt, wenn ein gesetzliches Leistungssystem (zum Beispiel Krankenkasse, Jobcenter) die Leistung nicht mehr oder nicht in vollem Umfang finanziert.
Pro Person können Leistungen im Wert von maximal 10.000 Euro gewährt werden. Menschen mit einer Schwerbehinderung (Grad der Behinderung ab 50) können darüber hinaus Mehraufwendungen bis zu einer Höhe von 5000 Euro beantragen, um besondere Hilfeleistungen in Anspruch nehmen zu können (zum Beispiel Assistenzleistungen, erhöhte Mobilitätskosten).
Warum wird das EHS eingestellt?
Der Bundesrechnungshof hat Verstöße gegen die Bundeshaushaltsordnung bei der Verwaltung des ursprünglichen Fonds festgestellt. Das EHS musste deshalb in seiner bisherigen Form beendet werden. Seit dem 1. Januar 2025 gilt eine neue, haushaltskonforme Billigkeitsrichtlinie. Im Zuge dieser wurde die Abwicklung des EHS beschlossen.
Kann ich noch Leistungen beantragen?
Nein, es können aktuell keine Erstanträge für Hilfen aus dem EHS mehr gestellt werden. Bereits mit dem Inkrafttreten der geltenden Billigkeitsrichtline am 1. Januar 2025 war vorgesehen, dass höchstens bis zum 31. August 2025 Erstanträge gestellt werden können. Nun werden aber die verfügbaren Haushaltsmittel aufgrund der hohen Zahl an Anträgen, die bis zum 18. März 2025 bei der Geschäftsstelle Fonds Sexueller Missbrauch eingegangen sind, aufgebraucht sein. Danach eingegangene Erstanträge können daher nicht mehr bewilligt werden. Es gilt ein Antragsstopp seit dem 19. März 2025.
Der Antragsstopp gilt nicht für Änderungs- und Ergänzungsanträge. Diese können weiterhin gestellt und bearbeitet werden. Auszahlungen zu bewilligten Leistungen sind nach der derzeitigen Richtlinie weiterhin bis Ende 2028 grundsätzlich möglich.
Dem Bundesfamilienministerium ist bewusst, dass diese Verkürzung der Möglichkeit, Erstanträge zu stellen, viele Betroffene von sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend enttäuscht und vor große Herausforderungen stellt.
In der bisherigen Form kann das System, auch weil in den Haushaltsverhandlungen keine weiteren Mittel dafür vorgesehen sind, jedoch nicht weitergeführt werden.
Aus Sicht des Bundesfamilienministeriums sind unbürokratische und niedrigschwellige Hilfen weiterhin wichtig. Daher macht es sich derzeit dafür stark, dass Betroffene auch in Zukunft weiter Hilfen erhalten und arbeitet intensiv an einem rechtssicheren, haushaltskonformen und betroffenenorientierten Nachfolgemodell.
Für Beratung können Betroffene sich weiterhin an das Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 400 10 50 wenden.