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Elternschaft von gleichgeschlechtlichen Paaren

Gleichgeschlechtliche Paare können in der Regel nur durch Adoption gemeinsam rechtliche Eltern eines Kindes werden:

Bei einem lesbischen Paar wird die Frau, die das Kind geboren hat, Mutter und rechtlicher Elternteil. Ihre Partnerin wird aktuell weder automatisch kraft Ehe noch im Wege einer Anerkennung oder gerichtlichen Feststellung weitere Mutter. Um den rechtlichen Status als Elternteil zu erlangen, muss die Partnerin der Mutter das Kind im Wege der Stiefkindadoption annehmen.

Für Kinder schwuler Eltern gilt in der Regel folgendes: Die Frau, die das Kind geboren hat, wird Mutter des Kindes und rechtlicher Elternteil. Einer der Männer kann die Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter anerkennen oder, wenn er der leibliche Vater ist, auch gegen ihren Willen gerichtlich feststellen lassen. Für seinen Partner gilt dies nicht, weil es neben der Mutter nur eine Elternstelle zu besetzen gibt. Er kann das Kind jedoch im Wege der Stiefkindadoption annehmen, wenn die Mutter in die Adoption einwilligt.

Gleichgeschlechtliche Ehepaare können auch gemeinsam ein fremdes Kind adoptieren. Hier gelten die gleichen Voraussetzungen wie für heterosexuelle Ehepaare, die ein Kind gemeinsam annehmen möchten. 

Das derzeit geltende Abstammungsrecht ist binär ausgerichtet: Es kennt nur "Mutter" und "Vater". Danach ist "Mutter" des Kindes die Frau, die das Kind geboren hat. Vater des Kindes ist der Mann, der bei der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist, der das Kind mit Zustimmung der Mutter anerkannt hat, oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist. Das Personenstandsrecht hingegen kennt mittlerweile drei mögliche Angaben beim Geschlecht im Personenstandsregister ("männlich", "weiblich" und "divers"), außerdem kann die Angabe des Geschlechts auch weggelassen werden. 

Das am 1. November 2024 in Kraft getretene Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) enthält bis zum Inkrafttreten einer Reform des Abstammungsrechts eine Übergangslösung für die Frage der Elternschaft trans- und intergeschlechtlicher sowie nichtbinärer Personen (§ 11 SBGG): 

Bei der Mutterschaft kommt es weiterhin auf die Geburt des Kindes an und bei der gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft auf den Zeugungsbeitrag. Ein transgeschlechtlicher Mann, der das Kind geboren hat, ist "Mutter" des Kindes und eine transgeschlechtliche Frau, die das Kind gezeugt hat, kann die Vaterschaft gerichtlich feststellen lassen, um "Vater" zu werden.

Für die Vaterschaft aufgrund Ehe oder Anerkennung knüpft die Übergangslösung grundsätzlich an den (gewählten) Geschlechtseintrag der als Elternteil in Betracht kommenden Person zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes an: Demnach wird "Vater" und rechtlicher Elternteil eines Kindes aufgrund Ehe oder Anerkennung, wer zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit dem Geschlechtseintrag "männlich" im Personenstandsregister eingetragen war. Ein nicht gebärender transgeschlechtlicher Mann kann also als "Vater" zweiter rechtlicher Elternteil des Kindes werden. 

Zusätzlich sieht die Übergangslösung des SBGG die Möglichkeit vor, bei Beurkundung der Geburt des Kindes gegenüber dem Standesamt zu erklären, dass der (alte) Geschlechtseintrag vor Abgabe einer Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags maßgeblich sein soll. Dies ermöglicht auch Personen, die zum Geburtszeitpunkt nicht (mehr) über den Geschlechtseintrag "männlich" verfügen, aber vor der Geburt eines Kindes den Geschlechtseintrag "männlich" geführt haben, die rechtliche Elternschaft für das Kind zu erlangen. Eine transgeschlechtliche Frau, die das Kind nicht gezeugt hat, kann demnach ebenfalls als "Vater" rechtlicher Elternteil des Kindes werden. 

Personen mit dem Geschlechtseintrag "divers" oder ohne Geschlechtseintrag können rechtliche Eltern werden, wenn sie das Kind geboren oder gezeugt haben ("Mutter" oder "Vater"). 

Seit dem 1. November 2024 haben alle Personen, die im Geburtenregister als "Mutter" oder "Vater" bezeichnet werden, die Möglichkeit, auf Verlangen in der Geburtsurkunde als "Elternteil" eingetragen zu werden (§ 48 Abs. 1a der Personenstandsverordnung).

Bei Regenbogenfamilien gibt es unterschiedliche Konstellationen, in denen eine Vaterschaftsanerkennung möglich ist:

Bei einer privaten Samenspende für lesbische Paare ist nicht ausgeschlossen, dass der leibliche Vater - ggf. entgegen vorheriger Absprachen - doch Interesse an der rechtlichen Vaterschaft hat. Eine Vaterschaftsanerkennung ohne Zustimmung der Mutter ist zwar ausgeschlossen, die Vaterschaft des privaten Samenspenders kann jedoch auch gegen ihren Willen gerichtlich festgestellt werden.

Auch eine transgeschlechtliche Frau kann die Vaterschaft anerkennen, wenn sie bei Beurkundung der Geburt des Kindes gegenüber dem Standesamt erklärt hat, dass ihr früherer Geschlechtseintrag "männlich" maßgeblich sein soll (vgl. oben). Sie wird dem Kind als "Vater" zugeordnet. Mangels einer entsprechenden Regelung im geltenden Abstammungsrecht kann eine transgeschlechtliche Frau - genauso wie eine lesbische Frau - nicht die zweite Elternstelle als "Mutter" durch Anerkennung oder kraft Ehe einnehmen. 
 
Ein nicht gebärender transgeschlechtlicher Mann kann die Vaterschaft anerkennen, wenn er bereits zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes die männliche Geschlechtsangabe führte (§ 11 Abs. 1 S. 2 SBGG). Er wird als "Vater" rechtlicher Elternteil des Kindes. 

Nur rechtliche Elternteile können die elterliche Sorge innehaben. Unverheiratete gleichgeschlechtliche Paare können daher grundsätzlich keine Sorgeerklärung abgeben, da bei der Geburt des Kindes zumindest ein Elternteil in der Regel abstammungsrechtlich keinen Elternstatus hat. Der Mutter steht zunächst die Alleinsorge zu. Sie kann aber anderen Personen eine Sorgevollmacht erteilen.

Wenn Sie in einer Ehe, einer Lebenspartnerschaft oder in einer verfestigten Lebensgemeinschaft eheähnlich zusammenleben, können Sie das Kind Ihrer Partnerin oder Ihres Partners adoptieren. Es handelt sich dann um eine Stiefkindadoption.

Handelt es sich weder um Ihr Kind noch um das Kind Ihrer Partnerin oder Ihres Partners, so müssen Sie beide das Kind adoptieren. Sie können das Kind nur gemeinsam adoptieren, wenn Sie verheiratet sind. 

Wenn Sie unverheiratet sind oder in einer Lebenspartnerschaft leben, können Sie kein Kind gemeinsam adoptieren. Wenn eine Lebenspartnerschaft oder verfestigte Lebensgemeinschaft besteht, ist jedoch eine Sukzessivadoption möglich: Zunächst adoptiert ein Partner das Kind und anschließend der zweite Partner. Mit der Adoption erwirbt der Adoptivelternteil auch das Sorgerecht.

Ist Ihr Kind intergeschlechtlich, ist also das geschlechtliche Erscheinungsbild von Geburt an, hinsichtlich der Chromosomen, der Keimdrüsen, der Hormonproduktion nicht nur männlich oder weiblich ausgeprägt, können Sie Ihr Kind beim Standesamt auch ohne eine Angabe zum Geschlecht oder mit der Angabe "divers" in das Geburtenregister eintragen lassen.

Um nicht einwilligungsfähige intergeschlechtliche Kinder vor medizinisch nicht notwendigen Behandlungen und deren möglichen emotionalen und körperlichen Folgen zu schützen, dürfen Eltern nicht in medizinische Behandlungen einwilligen, die allein darauf abzielen, das körperliche Erscheinungsbild ihres Kindes an die männliche oder weibliche geschlechtliche Norm anzugleichen (§ 1631e BGB). 

Am 1. November 2024 ist das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) in Kraft getreten. Danach können alle Personen, deren Geschlechtsidentität nicht mit ihrem Geschlechtseintrag übereinstimmt, die Angabe zu ihrem Geschlecht ändern oder diese streichen lassen. Im Regelfall müssen dann die Vornamen entsprechend geändert werden. Eine ärztliche Bescheinigung, gerichtliche Entscheidungen und Sachverständigengutachten sind dafür nicht notwendig.

Die Änderung des Geschlechtseintrages und der Vornamen muss 3 Monate vor der Erklärung bei einem deutschen Standesamt angemeldet werden. Dies ist bereits seit dem 1. August 2024 möglich. Die Erklärung selbst kann dann nur beim Standesamt der Voranmeldung abgegeben werden.

Für Minderjährige bis 14 Jahre und geschäftsunfähige Minderjährige geben die gesetzlichen Vertreter die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt ab; die Minderjährigen können sie nicht selbst abgeben. Die Minderjährigen müssen bei Abgabe der Erklärung anwesend sein und wenn sie älter als 5 Jahre sind, müssen sie selbst ihr Einverständnis erklären. Die gesetzlichen Vertreter müssen zudem erklären, dass sie entsprechend beraten sind, d.h. vollumfänglich informiert sind. 

Minderjährige ab 14 Jahren geben die Änderungserklärung selbst ab. Dafür benötigen sie allerdings die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter. Die Zustimmung kann durch das Familiengericht ersetzt werden. Maßstab ist dabei - wie im Familienrecht allgemein - das Kindeswohl. Minderjährige ab 14 Jahren müssen darüber hinaus selbst erklären, dass sie beraten sind, also vollumfänglich informiert sind. Minderjährige und ihre gesetzlichen Vertreter haben die Möglichkeit, sich vor Abgabe einer Erklärung bei Beratungsstellen beraten zu lassen. Eine Beratungspflicht besteht nicht.