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Anita Daume (abgeänderter Name) gab ihr Kind zur Adoption frei – zum beiderseitigen Wohl für Mutter und Kind.
Was hat Sie dazu bewegt, sich für eine Adoption zu entscheiden?
Anita Daume: Damals hätte ich wohl gar nicht begründen können, warum ich beschloss, mein Kind wegzugeben. Finanziell wäre es kein Problem gewesen und auch sonst hätten meine Eltern mich unterstützt. Aber ich wusste intuitiv: Das geht jetzt nicht, ich kann dem Kind keine behütete und glückliche Kindheit bieten. Deshalb habe ich es vielleicht auch geschafft, während der Schwangerschaft immer eine emotionale Distanz zu dem Kind zu wahren.
Nur kurz nach der Geburt wurde ich unsicher und ich habe mir ein paar Tage Bedenkzeit gegeben. Aber dann habe ich mir wieder bewusst gemacht: Ich muss das für das Kind tun.Wie geht es Ihnen heute mit dieser Entscheidung?
Anita Daume: Jetzt, 26 Jahre später, muss ich sagen: Ich habe es nie bereut.
Was aber sicher auch an der wunderbaren Adoptivmutter liegt. Wir hatten immer Kontakt und wir sind mittlerweile eng befreundet. Mein Kind habe ich erst vor Kurzem kennengelernt.
Das war sehr bewegend, und da ist eine tiefe Verbundenheit zwischen uns – es war immer mein Kind, das habe ich immer gespürt.
Ich bin glücklich, dass es dieses Kind gibt, und ich bin sicher, dass es die richtige Entscheidung war. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich noch zwei Kinder bekommen habe – anders als mein Ex-Freund. Ich glaube, heute bereut er, dass er mich damals nicht überredet hat, das Kind zu behalten.Wie offen gehen Sie in Ihrem Umfeld mit Ihrer Geschichte um?
Anita Daume: Auch wenn ich mit meiner Entscheidung im Reinen bin, ist das keine Geschichte, die ich jedem erzählen würde. Sicher begegne ich Leuten, die verständnislos reagieren – ich war ja weder 14 noch drogenabhängig oder hatte sonst einen offensichtlichen Grund für die Adoption. Viele denken, die ist egoistisch, die wollte eben studieren und Karriere machen.
Aber mich stört das nicht. Ich denke dann, das sind Menschen, die passen nicht zu mir:
Das Thema nimmt einfach einen zu wichtigen Platz in meinem Leben ein. Ich weiß aber nicht, ob andere ebenso gut mit der Situation umgehen können. Deshalb wäre es schön, wenn die Leute über diese sehr persönlichen Entscheidungen nicht vorschnell ein Urteil fällen würden.
Es ist ja nie eine Entscheidung zwischen Kino und Abendessen. Sondern eine Sache, die einen ein Leben lang begleitet.Das Interview wurde im Auftrag des Bundesfamilienministeriums im Rahmen des Magazins „Blickwechsel Adoption“ geführt.
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Sandra Feller* ist noch zur Schule gegangen, als sie von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Nach einer ausgiebigen Beratung hielt sie die Adoption für die beste Lösung – für sich und für das Kind. Auch wenn ihr die Entscheidung nicht leichtgefallen ist, hat sie sie nie bereut.
Wie kam es dazu, dass Sie sich dazu entschieden haben, Ihr Kind zur Adoption freizugeben?
Als ich erfahren habe, dass ich ein Kind erwarte, war ich bereits im vierten Monat. Ich wollte eigentlich nur wegen meiner Übelkeit zum Arzt und habe auf einmal die Nachricht erhalten, dass ich schwanger bin. Das war ein Schock für mich. Ein Kind passte damals nicht zu meiner Lebenssituation. Ich war 17 Jahre alt und bin noch zur Schule gegangen. Zunächst habe ich aus Angst nicht mit meinen Eltern darüber gesprochen. Doch meine Mutter ahnte schnell, dass etwas nicht stimmt. Ich habe ihr von der Schwangerschaft erzählt und auch sie war schockiert, hat mich jedoch von da an bei allem sehr unterstützt. Für meinen Vater und meinen Bruder war das alles ein Tabuthema. Sie sind sehr streng und hätten wahrscheinlich nicht mehr mit mir gesprochen, wenn ich das Kind behalten hätte. Das hat mich sehr unter Druck gesetzt. Meine Mutter und ich haben uns dann zum Thema Adoption beraten lassen. In der Beratungsstelle konnte ich all meine Fragen in einem geschützten Rahmen loswerden. Letztendlich habe ich die Adoption für die beste Lösung gehalten.
Haben Sie heute Kontakt zu den Adoptiveltern und Ihrem Kind?
Ja, wir sehen uns etwa zwei bis drei Mal im Jahr. Der Kontakt bestand von Anfang an und ist bis heute sehr gut. Die Treffen finden in der Vermittlungsstelle statt und sind immer schön. Ich habe Zeit, mit dem Kind zu spielen und mich mit den Eltern auszutauschen. Ich bin froh, zu sehen, wie glücklich alle sind. Die Adoptiveltern sind nette und liebevolle Menschen. Ich weiß, dass das Kind bei ihnen gut aufgehoben ist. Die Adoption spielte von Anfang an eine Rolle im Alltag der Familie. Die Mutter spricht dem Kind gegenüber von mir als Bauchmama. Ich finde es richtig, so offen mit dem Thema umzugehen.
Denken Sie oft über Ihre Entscheidung nach?
Die Entscheidung war keinesfalls einfach! In den Anfängen nach der Geburt habe ich sehr viel darüber nachgedacht. Doch ich habe die Entscheidung wirklich nie bereut. Ich weiß, dass es das Richtige war. Nicht wegen meinem Vater oder meinem Bruder, sondern für mich und das Kind. Ich fühlte mich nicht in der Lage, ein Kind zu versorgen und ihm die nötige Fürsorge zu geben. Die Adoptivfamilie kann dem Kind genau das bieten.
Was hätten Sie sich in Ihrer Situation damals gewünscht?
Ich hätte mir mehr Verständnis gewünscht – von meiner Familie, aber auch von der Gesellschaft insgesamt. Es ist schade, dass viele Menschen eine negative Einstellung zu Adoptionen haben. Trotzdem kann ich jedem raten, mit engen, vertrauten Personen zu sprechen, wenn sie durch eine Schwangerschaft in eine Notlage geraten. Man muss einfach mal alles rauslassen. Das ist erleichternd. Ich habe zunächst versucht, die Schwangerschaft zu verheimlichen, aber davor kann eben keine Frau davonrennen.
Das Interview wurde im Auftrag des Bundesfamilienministeriums im Sommer 2019 geführt.
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Marcel Mäthes* hatte gerade sein Studienfach gewechselt, als er erfahren hat, dass er Vater wird. Nach einer ausführlichen Beratung hat er sich mit seiner damaligen Freundin entschieden, das Kind zur Adoption freizugeben. Wenn er seinen Sohn heute mit den Adoptiveltern sieht, ist er sich sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
In welcher Situation waren Sie, als Sie erfahren haben, dass Sie Vater werden?
Meine damalige Partnerin, die leibliche Mutter, hat selbst erst im fünften Monat von der Schwangerschaft erfahren. Sie kam von einem Besuch beim Frauenarzt mit der Nachricht: Wir sind schwanger! Da waren wir erst einmal ratlos. Wir haben uns beide nicht in der Lage gefühlt, ein Kind groß zu ziehen. Ich hatte mich gerade dazu entschlossen, mein Studienfach zu wechseln. Meine Ex-Freundin befand sich in der Ausbildung zur Friseurin. Ich glaube, dass sie auch damals noch nicht die emotionale Reife gehabt hätte, um eine gute Mutter zu sein. Es war einfach eine schwierige Situation. Ich habe immer gesagt, wenn ich mal ein Kind in die Welt setze, möchte ich ihm auch emotionale und finanzielle Stabilität bieten können. Es war keine leichte Entscheidung, weil ich auf jeden Fall eine Familie gründen möchte. Mir war aber klar, dass wir dem Kind zu diesem Zeitpunkt Chancen verwehrt hätten, die es jetzt bei der neuen Familie hat.
Haben Sie mit Verwandten und Freunden offen über das Thema Adoption gesprochen?
Ich habe einige Bekannte, die auch sehr jung Mutter geworden sind. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade sie Menschen dafür verurteilen, die ihr Kind abgeben. Sie akzeptieren die Entscheidung zwar, haben aber wenig Verständnis dafür, dass das der vernünftigere Weg sein kann. Auch mit meinem Vater konnte ich nicht wirklich über die Schwangerschaft und die Adoption sprechen. Das Verhältnis zu ihm war schon immer schwierig. Als ich ihm erzählt habe, dass wir ein Kind erwarten, sagte er nur: „Jeder verkackt sein Leben auf seine eigene Weise.“. Er hat sich bis heute nicht wirklich dazu geäußert. Das ist natürlich frustrierend und macht es schwer, offen mit dem Thema umzugehen. Von anderen Familienmitgliedern haben wir aber auch Unterstützung erhalten. Mit meiner Mutter und den Eltern meiner damaligen Freundin haben wir alle Optionen durchdacht und sind am Ende gemeinsam zu dem Schluss gekommen: Die Adoption ist die richtige Entscheidung.
Gab es Situationen, in denen Sie an Ihrer Entscheidung gezweifelt haben?
Meine Ex-Freundin hat die Schwangerschaft sehr mitgenommen. Sie hat alle zwei Wochen ihre Meinung geändert und wollte das Kind zwischenzeitlich doch behalten. Das hat oft zum Streit geführt. Für mich stand die Entscheidung eigentlich immer fest – vor allem, als ich dann in der Beratungsstelle die Erfahrungsberichte von anderen Adoptionen gehört habe. Heute habe ich regelmäßig Kontakt zur Adoptivfamilie und dem Kind. Bis sie vor Kurzem weggezogen sind, haben wir uns zweimal im Jahr gesehen. Aber auch jetzt schreiben sie noch regelmäßig Mails und schicken aktuelle Fotos von meinem Kind über die Adoptionsvermittlungsstelle. Aus meiner Sicht ist das das beste Elternpaar, das man sich vorstellen kann. Sie sind überglücklich, dass wir ihnen die Chance gegeben haben, ein Kind zu adoptieren. Sie konnten zu dem Zeitpunkt nämlich keine eigenen Kinder bekommen.
Machen Sie sich heute noch Gedanken über die Adoption?
Wenn man ein Kind zur Adoption freigegeben hat, lässt einen das nie ganz los und es kommen immer mal wieder Fragen auf: Geht es dem Kind wirklich gut? Wie geht es mit dem Kontakt weiter? Als die Adoptiveltern entgegen der ärztlichen Prognose doch noch ein leibliches Kind bekommen haben, war ich ein bisschen besorgt. Vielleicht würden sie das eigene Kind gegenüber dem adoptierten bevorzugen. Aber nachdem ich die Vier beim letzten Treffen zusammen gesehen habe, mache ich mir da keine Sorgen mehr. Ich sehe einfach, wie glücklich sie als Familie sind. Ich frage mich auch, wie das Kind reagieren wird, wenn es eines Tages wirklich versteht, was eine Adoption ist. Das wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Ich würde mich freuen, wenn es dann weiterhin den Kontakt sucht und ich ihm die Situation aus meiner Sicht erklären darf.
Das Interview wurde im Auftrag des Bundesfamilienministeriums im Sommer 2019 geführt.